
Pressemitteilung zur Binnenmarktstrategie der Europäischen Kommission
Gerade hat die Europäische Kommission ihre neue Binnenmarktstrategie vorgestellt. Diese kommentiert die Grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz:
„450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher sind das Fundament unseres Binnenmarkts, der dank hoher Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards weltweit Strahlkraft entfaltet. Gerade in Zeiten globaler wirtschaftlicher Unsicherheit müssen wir ihn stärken, um Wirtschaft und Industrie widerstandsfähiger zu machen. Die Vereinfachung von Gesetzen darf allerdings keinesfalls zum Abbau europäischer Standards führen. In diesem Kontext sind die angekündigten Ausnahmen für mittelgroße Unternehmen zum Beispiel in der Digitalgesetzgebung oder der Ökodesign-Verordnung problematisch und bergen die Gefahr großer Schlupflöcher.
Für faire Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt müssen wir europäische Standards auch bei Importen aus Drittstaaten im Online-Handel uneingeschränkt durchsetzen. Ich begrüße ausdrücklich die Überlegung der EU-Kommission, eine europäische Marktüberwachungsbehörde ins Leben zu rufen. Bisher stehen die kleinen Marktüberwachungsbehörden – in Deutschland ist das zum Beispiel Ländersache – den großen Online-Handel-Plattformen wie David gegen Goliath gegenüber. Zusammen mit der Zollreform, inklusive einer Zollbearbeitungsgebühr auf Einzelsendungen, kann das ein großer Schritt sein, um der Paketflut Herr zu werden.
Der digitale Produktpass hat das Potenzial, drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Einfachere Kontrolle für Zoll und Marktüberwachung, mehr Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher und ein reibungsloser Übergang zur Kreislaufwirtschaft. Daher ist die Ausweitung auf alle Informationen über das Produkt, auch zum Beispiel zu Labeln, die Verbraucherinnen und Verbraucher über einen QR-Code scannen können, genau richtig. Ich fordere die Europäische Kommission auf, die Einführung des digitalen Produktpasses auf dem Binnenmarkt zu priorisieren, damit er zu fairen Wettbewerbsbedingungen, informierten Kaufentscheidungen und mehr Recycling beitragen kann.
Die meisten Hindernisse eines reibungslosen Binnenmarktes entstehen durch halbherzige Um- und Durchsetzung von EU-Recht durch die Mitgliedstaaten, auch wenn sie in Sonntagsreden die Stärkung des Binnenmarktes predigen. Daher unterstütze ich den Ansatz der Europäischen Kommission, vor allem gegen den Flickenteppich unterschiedlicher Rechtsumsetzung vorzugehen. Sehr viel kritischer werde ich auf die konkreten Vorschläge für Nachweise der Verhältnismäßigkeit schauen, die Mitgliedstaaten, Regionen oder Kommunen erbringen müssen, um öffentliches Interesse mit Binnenmarktregeln in Einklang zu bringen. Denn die Entscheidungshoheit, wo beispielsweise ein Supermarkt gebaut wird, muss vor Ort bleiben. Daher sollten Vertragsverletzungsverfahren vorrangig zur Durchsetzung von harmonisiertem EU-Recht angestrengt werden, bevor sie gegen diese nationalen Maßnahmen zum Tragen kommen.”