Pressemitteilung: Arbeitsprogramm der Kommission: Vereinfachung der Nachhaltigkeitsgesetze Paradebeispiel für schlechte Gesetzgebung

Anlässlich des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission äußert sich Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für den Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments, zu den Vorschlägen aus dem Bereich der Vereinfachung wie folgt:

Bürokratieabbau ist Konsens und politische Priorität. Doch müssen wir genau definieren, was wir darunter verstehen. Unternehmen können zielgerichtet entlastet werden, ohne unsere gesetzlichen Standards und unser hohes Schutzniveau für Verbraucherinnen und die Umwelt runterzuschrauben. Viele Stimmen aus der Wirtschaft lehnen eine Deregulierung oder das Wiederaufschnüren von nicht einmal in Kraft getretenen Gesetzen ab, auf die sie sich unternehmerisch bereits vorbereiten. Denn das ist das Gegenteil von Planungssicherheit.

Das Arbeitsprogramm der Kommission hat eine Schieflage: Viele Initiativen, die wichtig wären, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bekommen und die Dekarbonisierung voranzutreiben – wie der Clean Industrial Deal – sind reine Strategien und somit nicht verbindlich. Demgegenüber stehen zahlreiche legislative Vorschläge, die das Risiko bergen, den Green Deal auszuhöhlen.

Das Vorgehen der Europäischen Kommission zur Vereinfachungen der Nachhaltigkeitsregeln ist ein Paradebeispiel für schlechte Gesetzgebung: Überstürzt, ohne Folgenabschätzung und Konsultationen sowie evidenzlos, da Gesetze wie die Lieferkettenrichtlinie noch nicht mal in Kraft sind. Gleichzeitig bergen die Vorschläge die Gefahr, Chaos für die Wirtschaft zu stiften und das Vertrauen in Gesetzgebungsprozesse zu schwächen. 

Für politische Maßnahmen, die auf Fakten und Strategien basieren, müssen wir stattdessen mit Praxis-Checks starten: Wo überlappen Gesetze, wo sind Unklarheiten bei den zuständigen Behörden, wo entstehen hier Dopplungen und Widersprüche? Die Probleme, die wir in der Praxis identifizieren, müssen wir schnellstens angehen, nicht von oben herab vorgefertigte Scheinlösungen präsentieren.“

Sehr gerne können Sie mit Anna Cavazzini vor der Veröffentlichung am 26. Februar ein Hintergrundgespräch oder ein Interview führen – melden Sie sich gerne bei Interesse!

Hintergrund und Grüne Forderungen:

  • Die Europäische Kommission hat in ihrem Arbeitsprogramm drei Omnibus-Gesetze zur Vereinfachung von Bürokratie angekündigt. Diese zielen auf:

o   Die Nachhaltigkeitsberichterstattung, das EU-Lieferkettengesetz und die Taxonomie.

o   Eine neue rechtliche Kategorie von mittelgroßen Unternehmen, um sie in Gesetzgebungen gesondert zu berücksichtigen.

o   Die vereinfachte Umsetzung der InvestEU Programme und des Europäischen Fonds für strategische Investitionen.

  • Vereinfacht werden soll auch das Digitalpaket mit einem Fitness Check zu bereits bestehenden Gesetzgebungen. Auch wird der Vorschlag der Haftungsregeln für KI zurückgezogen, die sich auf Risiken für Verbraucher*innen und die Wahrung der Bürgerrechte beziehen.
  • Beunruhigend ist auch die Öffnung von REACH.
  • Das erste Omnibus-Gesetz, das sich auf das EU-Lieferkettengesetz, die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Taxonomie bezieht, wird für den 26. Februar erwartet
  • Der bevorstehende Vorschlag für einen Nachhaltigkeits-Omnibus wurde nicht durch eine formelle Konsultation oder einen Aufruf zur Einreichung von Nachweisen untermauert

 

Die Belastung, die KMU und Mittelstandsunternehmen durch die Nachhaltigkeitsberichterstattung empfinden, kann gemildert werden, ohne die europäischen Gesetze auszuhöhlen, indem

  • große Unternehmen daran gehindert werden, die Last auf ihre Lieferanten abzuwälzen, die nicht in den Geltungsbereich der Gesetze fallen
  • Beratungs- und Prüfungsunternehmen daran gehindert werden, ein Geschäftsmodell auf Übererfüllung aufzubauen, und die Nachhaltigkeitsprüfung vereinfacht wird.

 

Zu den vorrangigen Bereichen für eine Vereinfachung, die weder den Übergang noch den Verbraucherschutz untergraben würden, gehören:

  • Vereinfachung des öffentlichen Beschaffungswesens, des Zolls, der staatlichen Beihilfen, der Forschungs- und Innovationsfinanzierung
  • Vertiefung des Binnenmarktes und Begrenzung der Fragmentierung; Sicherstellung, dass die europäischen Vorschriften von den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt werden
  • Bereitstellung ausreichender Ressourcen für Behörden, um Engpässe bei Verwaltungsverfahren zu vermeiden, sowie Bereitstellung ausreichender Ressourcen für Digitalisierungsbemühungen
  • Priorisierung eines strukturierteren Ansatzes bei der Umsetzung von Maßnahmen. Leitlinien, delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte sowie Normen sind für den Vereinfachungsprozess von zentraler Bedeutung. Verzögerungen stellen für Unternehmen ein großes Problem dar, wie im Fall der Verordnung zur Bekämpfung der Entwaldung