
Online-Handel: Maßnahmenpaket für Verbraucherschutz in Zeiten von Shein, Temu und Co.
Nächste Woche Mittwoch, 5. Februar, stellt die Europäische Kommission ihre Pläne für den Umgang mit Shein, Temu und Co. in Form einer „Mitteilung über die Bewältigung von Herausforderungen bei Online-Handel-Plattformen“ vor.
Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, kommentiert:
„Ein giftiger Schnuller, ein explodierender Akku oder ein leichtentzündlicher Teppich – gefährliche Produkte haben auf dem Binnenmarkt aufgrund des hohen EU-Verbraucherschutzes nichts verloren. Doch durch Online-Plattformen wie Shein oder Temu landet ein immer schneller wachsender Tsunami an Produkten aus Drittstaaten direkt an unseren Türschwellen – vorbei an überforderten Zoll- oder Marktüberwachungsbehörden. So fallen Tests auf Giftfreiheit oder Überprüfungen der gesetzlichen Standards aus. Das Ergebnis: viele online erstandene Produkte sind nicht sicher und Verbraucherinnen und Verbraucher haben im Schadensfall oft keinen Zugriff auf die Hersteller.
Es ist höchste Zeit, dass die Europäische Kommission die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Regulierung des Online-Handel nachschärft. Hierzu gehört die konsequente Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienstleistungen für die sehr großen Plattformen, zu denen AliExpress, Amazon, Temu, Zalando und Shein gehören, in Hinblick auf die Risikoanalyse für illegale Produkte. Im Rahmen des DSA könnten auf Online-Handel spezialisierte Hinweisgeber, sogenannte trusted flaggers, dafür sorgen, dass sich Plattformen nicht unter dem Vorwand der Unkenntnis aus ihrer Verantwortung stehlen können. Und falls sich niemand entlang der Lieferkette ausfindig machen lässt und sie gegen die Auflagen des DSA und der Produktsicherheitsverordnung verstoßen haben, müssen sie schlussendlich die Verantwortung übernehmen.
Gegen unfairen Wettbewerb aus Drittstaaten durch Unternehmen, die Standards missachten, müssen wir eine stärkere rechtliche und finanzielle Verantwortung der EU-Vertretung dieser Unternehmen erreichen. So haben Verbraucherinnen und Verbraucher eine Anlaufstelle, an die sie sich wenden können, wenn sie zum Beispiel ein chinesisches Unternehmen nicht ausfindig machen können. Das haben in der letzten Legislaturperiode leider die Konservativen verhindert.
Der Rat muss endlich seine Position zur Zollreform finden. Die Verhandlungen können nicht länger warten: Mit der Verantwortung von Online-Handel-Plattformen und einer risikobasierten Kontrolle geben wir den Zollbehörden die Werkzeuge in die Hand, die sie brauchen.
Schließlich brauchen Marktüberwachungsbehörden mehr Ressourcen und mehr grenzüberschreitende Zusammenarbeit für Untersuchungen im Bereich des Onlinehandels, der nicht an Grenzen halt macht.“
Zwölf Grüne Forderungen für mehr Verbraucherschutz im Online-Handel:
- Den Status der Online-Marktplätze ändern, um Lücken der Verbraucheransprüche zu schließen im Rahmen der Marktüberwachungsverordnung von 2019
- Zusätzliche Verpflichtungen für Online-Marktplätze einführen, wenn sie die Regeln des Gesetzes über digitale Dienste und der Produktsicherheit nicht befolgen
- Einer Entschädigung für Verbraucher*innen in jedem Falle sicherstellen im Rahmen der Produktsicherheitsrichtlinie
- Stichprobenartige Kontrollen durch Online-Marktplätze, um Sicherheitsrisiken systematisch zu erkennen über das Safety Gate Meldeportal
- 5. Strikte Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste und spezifisch auf AliExpress, Temu und Co. anwenden: Durch spezialisierte „trusted flaggers“
- Mehr Ressourcen und Instrumente für Marktüberwachung und Zoll, um gegen die Flut der Pakete gewappnet zu sein: Mehr Ressourcen im Mehrjährigen Finanzrahmen für Marktüberwachung im Binnenmarktprogramm
- Zügige Verhandlungen zum Zollkodex, damit der Zoll fit wird für den Online-Handel: Der Rat muss zu einer Positionierung kommen, damit risikobasiert kontrolliert werden kann
- Online-Marktplätze brauchen zügig einen Sonderstatus beim Zoll: Als „deemed importers“ übernehmen sie Verantwortung für ihre Produkte gegenüber den Zollbehörden
- Schnellere Abschaffung der 150-Euro-Grenze für zollpflichtige Waren: ohne Schwellenwert wird die Gesetzeslücke geschlossen
- Neue Mehrwertsteuervorschriften für den Online-Handel als Schritt zu fairerem Wettbewerb: auch hier führt der Schwellenwert von 150 Euro zur Unterbewertung von Waren, die dann durchs Raster fallen
- Nachhaltigen Konsum auf Online-Marktplätzen by Design stärken: durch Nachhaltigkeit bei Design, Kennzeichnung der Umweltauswirkung und den digitalen Produktpass
- Digitale Fairness stärken: Verbraucher*innen vor Manipulation schützen und Dark Patterns regulieren
Zum ausführlichen 12-Punkte-Forderungspapier von Anna Cavazzini und Alexandra Geese: https://www.annacavazzini.eu/wp-content/uploads/Forderungen-fuer-Verbraucherschutz-im-Online-Handel.pdf