Meine Änderungsanträge für das Recht auf Reparatur
Produzieren, verbrauchen und dann wegwerfen – das können wir uns angesichts des massiven Ressourcenverbrauchs, der Klimakrise, wachsender Müllberge und unserer Abhängigkeit von Rohstoffen einfach nicht mehr leisten. Klar ist: Unsere Wirtschaftsweise muss sich ändern, hin zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Produkte länger genutzt werden, länger leben und reparierbar sind. Lange habe ich deswegen dafür gekämpft, dass Verbraucher*innen ein Recht auf Reparatur bekommen. Damit nehmen wir Hersteller in die Pflicht, auch einen Reparaturservice für ihre Produkte anzubieten. Genau das hat die Europäische Kommission in ihrer Gesetzesinitiative vorgeschlagen. Das reicht aber nicht! Wir brauchen ein echtes, umfassendes Recht auf Reparatur!
Und genau das ist, was sich Verbraucher*innen wünschen: 77 Prozent der Verbraucher*innen würden ihre kaputte Ware lieber reparieren als neu kaufen. Doch nur 22 Prozent der kaputten Ware wird tatsächlich repariert: Wegen mangelnder Reparierbarkeit oder fehlendem Reparaturservice, der oft nur über Vertragswerkstätten möglich ist. Etwa ein Drittel der Verbraucher entscheidet sich wegen zu hoher Reparaturkosten gegen eine Reparatur. Hier setze ich an und bringe daher folgende Änderungen zum Vorschlag der Kommission in den Gesetzgebungsprozess ein – danke an dieser Stelle für all ihr/euer Feedback und gute Ideen, die mich in den letzten Wochen und Monaten erreicht haben, sei es im persönlichen Gespräch oder per Mail. Unsere Änderungsanträge sind ein Gemeinschaftsprojekt!
Wir wollen, dass Reparatur zur Norm wird:
Reparieren muss schnell gehen, bezahlbar und praktisch sein für Verbraucher*innen.
- Die Europäische Kommission möchte eine Verpflichtung für Hersteller einführen, für ihre eigenen Produkte während eines bestimmten Zeitraumes einen Reparaturservice anzubieten sowie besser über Reparaturmöglichkeiten zu informieren. Das ist ein guter erster Schritt, reicht aber alleine nicht aus, um Reparatur zum Standard zu machen. Denn zwei Gründe sprechen für Verbraucher*innen oft gegen die Reparatur eines kaputten Gerätes: Die Kosten und die Dauer.
- Daher wollen wir je nach Produktgruppe eine Höchstdauer der Reparatur vorschlagen, maximal jedoch 15 Arbeitstage. So können wir sicherstellen, dass Reparatur schnell geht, aber auf die unterschiedlichen technischen Rahmenbedingungen Rücksicht genommen wird: Ein Handy ist beispielsweise schneller repariert als eine Waschmaschine.
- Für die Dauer der Reparatur soll den Verbraucher*innen umsonst, bzw. für einen geringen Preis nach vorheriger Information ein Ersatzgerät gestellt werden.
- Im Vorfeld können Verbraucher*innen alle nötigen Informationen zur Reparatur über ein Formular beim Reparaturservice einholen. Wir wollen, dass die Kosten für dieses Formular im Falle der Reparatur hinterher von den Reparaturkosten abgezogen wird. Auch sollen zukünftig Online-Plattformen Reparatur durch bessere Information leichter machen. Wir wollen, dass hier auch über Anreizprogramme wie die Reparaturboni der Bundesländer beispielsweise informiert wird.
- Der Preis der Reparatur soll angemessen sein. Das regeln wir aber vor allem durch eine Öffnung des Reparaturmarktes.
Wir wollen den Reparaturmarkt öffnen:
Auch kleine RepairShops, unabhängige Werkstätten und Tüftler*innen sollen reparieren können.
- Je weniger Apple und Co. den Daumen auf fairem Wettbewerb haben, desto mehr können auch preisgünstiger angebotene Reparaturleistungen in Anspruch genommen werden.
- Daher sollen auch unabhängige Werkstätten und – sofern keine Sicherheitsbedenken wie zum Beispiel hochgiftige Stoffe in Kühlschränken dagegen sprechen – auch Tüftler*innen Zugang zu Ersatzteilen, Diagnose-Tools, Reparatur- und Instandhaltungsinformationen und Anleitungen erhalten.
- Auch sollen Hersteller nicht verhindern können, dass hierbei gebrauchte oder 3D-gedruckte Ersatzteile verwendet werden. Sie dürfen Reparatur durch unabhängige Werkstätten auch nicht durch vertragliche oder Hard- und Software-Techniken verhindern.
Wir wollen ein umfassendes Recht auf Reparatur:
Möglichst viele Produkte sollen unter die neuen Regeln zum Recht auf Reparatur fallen.
- Die Europäische Kommission schlägt das Recht auf Reparatur nur für die Produkte vor, die unter “alten” Ökodesign-Regeln fallen, sogenannte energieverbrauchsrelevante Produkte. Wir weitern den Anwendungsbereiche aus: Auf alle Produkte, die unter die neuen Ökodesign-Regeln für nachhaltige Produkte fallen werden, sowie bspw. Batterien, für die es auch schon ein Gesetz gibt. Praktisch sind das dann fast alle Produktgruppen mit Ausnahmen wie Nahrung oder Medizin bspw.
Wir wollen ein universelles Recht auf Reparatur:
Hürden, die der Reparatur im Moment im Weg stehen, sollen abgebaut werden.
- Das bedeutet für uns: Mitgliedsstaaten sollen sicherstellen, dass Verbraucher*innen auch wirklich Zugang zu Reparaturleistungen aller Akteur*innen haben, dass fairer Wettbewerb besteht, dass keine vertraglichen, technischen oder Software-Hürden einer Reparatur im Wege stehen und bestimmte Praktiken verboten werden, die das Recht auf Reparatur untergraben, wie beispielsweise die Verweigerung der Reparatur durch den Hersteller bei vorherige Reparatur durch eine unabhängige Werkstatt.
Wir wollen Reparatur gewährleisten:
Wir wollen auch im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung Reparatur zur Norm machen und die Dauer der Gewährleistung verlängern.
- Die Gewährleistung regelt derzeit, dass innerhalb von zwei Jahren der Verkäufer für Reparatur oder Ersatzprodukt aufkommen muss, wenn ein Produkt kaputt geht und der Defekt schon zum Zeitpunkt des Verkaufs bestand. Die Europäische Kommission möchte Reparatur hier dadurch stärken, dass eine Reparatur durchgeführt werden muss, außer wenn die Kosten der Reparatur den Ersatz überschreiten.
- Wir wollen eine gemeinsame Haftung von Hersteller und Händler und dass die Gewährleistung auch digitale Bestandteile umfasst. Praktisch heißt das, dass Verbraucher*innen sich im Falle eines Defekts auch direkt an den Hersteller für eine Reparatur wenden können und nicht über den Verkäufer gehen müssen. Außerdem schlagen wir eine Beweislastumkehr vor, sodass Verbraucher*innen zukünftig nicht mehr nachweisen müssen, dass der Defekt schon zum Zeitpunkt des Kaufs bestand.
- Außerdem schlagen wir vor, dass wenn es gesetzliche Vorgaben zur Haltbarkeit von Produkten wie beispielsweise im Rahmen von Ökodesign gibt, die Europäische Kommission einen delegierten Rechtsakt einbringen soll, um die Gewährleistung entsprechend der Haltbarkeit auszuweiten. Im Fall der Reparatur soll es einen Neustart der Gewährleistungsdauer geben.
- Auch hier gilt: Die Reparatur soll maximal 15 Werktage dauern, während derer Verbraucher*innen umsonst ein Ersatzprodukt (auch ein wiederaufbereitetes) gestellt bekommen sollen.
Wir wollen alle Weichen auf Reparatur stellen:
Nachhaltige Geschäftsmodelle und Verbraucher*innen sollen Anreize bekommen.
- Damit Reparatur zur Norm wird, braucht sie auch finanzielle Anreize. Dazu gehören für uns Gutscheine, Mehrwertsteuersenkungen oder Fonds.
- Wir schlagen hier eine erweiterte Herstellerverantwortung vor: Ein EU-weiter Reparaturfonds finanziert durch die Hersteller soll Reparatur, Aufbereitung und Wiederverwertung mitfinanzieren.
Wir wollen Kohärenz schaffen:
Reparierbarkeit, RepairScore, der Kampf gegen geplante Obsoleszenz und Informationspflichten müssen mit dem Recht auf Reparatur abgestimmt sein.
- Wir stellen sicher, dass das Recht auf Reparatur eng angelehnt wird an die Vorgaben zu Reparierbarkeit in Ökodesign, an den RepairScore und den Kampf gegen vorzeitigen Verschleiß in den Gesetzen zur Verbraucherinformation.