Pressestatement zur Debatte um den Export von Impfstoffen im Vorfeld des Europäischen Rates

Ein Exportverbot von in der EU produzierten Impfstoffen ist am Donnerstag, den 25. März, auf der Tagesordnung des Europäischen Rats. Anna Cavazzini, Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion und Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des Europäischen Parlaments kommentiert wie folgt:

 

„Viele in der EU werden ungeduldig, wenn sie auf die „UK first-Politik“ beim Umgang mit dem Impfstoff von AstraZeneca schauen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache – das Vereinigte Königreich hat bisher keine einzige Impfdosis in die EU exportiert.“

„Den Export von Impfstoffen nach Großbritannien einzuschränken wäre dennoch ein gefährlicher Schritt. Ich befürchte einen Dominoeffekt, der am Ende die Impfbemühungen aller verzögern würde. Zusammenarbeit ist gefragt, nicht Eskalation.“

„Die britische Regierung muss ihren Teil tun, um die Situation zu befrieden. Sie sollte ihren Einfluss auf AstraZeneca nutzen, um eine gerechtere Verteilung der Impfstoffe auf dem europäischen Kontinent zu erreichen.

„Zusätzlich brauchen wir einen Kurswechsel in der Impfstoff-Beschaffung. Die Kommission und die Mitgliedsstaaten müssen alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten nutzen, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen – und das weltweit! Wir dürfen nicht vergessen, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung wahrscheinlich auf Jahre hinaus keine Impfstoffe sehen wird.“

„Pharmadeals müssen gut durchdacht und transparent sein. Die Ergebnisse der öffentlich finanzierten Forschung sollten breit zugänglich gemacht werden. Der Schutz des geistigen Eigentums muss in Krisenzeiten außerdem flexibler gestaltet sein, was ich heute zusammen mit über 200 Abgeordneten in einem offenen Brief fordere. Ich hoffe, dass die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag eine dauerhafte Lösung für die weltweit bessere Versorgung mit Impfstoff finden und keinen Handelskrieg starten.“

 

 

Hintergrund:

 

  • Am Dienstag, den 23. März, bestärkte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Drohung, den Export von in der EU produzierten Impfstoffen von AstraZeneca zu blockieren. Dies geschah vor dem Europäischen Gipfel am Donnerstag, den 25. März, wo der zu eskalieren drohende Streit diskutiert werden soll. Ein mögliches Exportverbot von Impfstoffen in Länder, die selbst produzieren und keine Gegenleistung erbringen möchten, steht ebenfalls auf der Tagesordnung.

 

  • Am selben Tag forderten mehr als 230 Abgeordnete und Mitglieder des Europäischen Parlaments die Kommission auf, eine Ausnahmeregelung zum TRIPs-Abkommen der WTO zu unterstützen, die den Austausch von geistigem Eigentum und Know-how erleichtern würde. Konkret würde dies erlauben, IP-Monopole aufzuheben, aktuelle Rechtsunsicherheit zu beseitigen und mehr Handlungsfreiheit zu schaffen, um eine Zusammenarbeit zu ermöglichen.  Die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von COVID-19-Impfstoffen, Tests und Behandlungen würden so weltweit erhöht und beschleunigt werden können.