Pressemitteilung: Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten wird angenommen
Heute (19.04.) bestätigt das europäische Parlament das Trilogergebnis der Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten. Die neuen Vorschriften sind ein Herzstück des Europäischen Green Deals und wichtiger Baustein bei dem Ziel, die gravierenden Abholzungsraten weltweit zu bekämpfen. Die Verordnung legt Sorgfaltspflichten für Unternehmen fest, die Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem EU-Binnenmarkt einführen, damit diese nicht mehr zur Entwaldung beitragen.
Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Berichterstatterin der Stellungnahme des Binnenmarktausschusses, kommentiert die anstehende Abstimmung im Plenum des Europaparlament, in der voraussichtlich das Ergebnis der Trilogverhandlungen mit großer Mehrheit angenommen werden wird:
„Jedes Jahr erreichen wir neue traurige Rekorde der Entwaldung unseres Planeten. Endlich übernehmen wir auch in Europa unseren Teil der Verantwortung. Nach jahrelangem Druck der Umweltverbände und uns Grünen wird das Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten endlich Realität. Damit ist nun Schluss mit Produkten auf dem Binnenmarkt, die zur Entwaldung beitragen. Dadurch setzt das Gesetz neue Maßstäbe für den globalen Waldschutz.
Jetzt wird es auf eine lückenlose Umsetzung des Gesetzes ankommen. Besonders wichtig hierfür ist die Klassifizierung verschiedener Länder in hohes, mittleres und niedriges Risiko von Entwaldung, wie es im Gesetz vorgesehen ist und was dann wiederum Einfluss auf die Sorgfaltspflichten und die Kontrollen der Unternehmen hat. Hier darf die Kommission nicht dem Lobbydruck von Ländern nachgeben, nicht als Hochrisikoland eingestuft zu werden, sondern muss bei der Einstufung objektive Kriterien zugrunde legen. “
Hintergrund
- Der Gesetzentwurf für entwaldungsfreie Lieferketten wurde am 17.11.2021 von der Europäischen Kommission vorgelegt und die Verhandlungen darüber zwischen den drei europäischen Institutionen endeten im Dezember 2022. Am Dienstag, dem 18.04., muss das Europaparlament das Verhandlungsergebnis bestätigen. Der Rat wird dies voraussichtlich am 22.05.23 tun.
- Wälder weltweit sind von Abholzung und den Konsequenzen des Klimawandels bedroht. Im Amazonas sah man trotz Lulas Wahl wieder neue traurige Rekorde an entwaldeter Fläche. Dies trägt durch erhöhte CO2 Emissionen und den Wegfall von Kohlenstoffsenken zur Zerstörung der Artenvielfalt und zur globalen Klimakrise bei. So ist Entwaldung allein für 11 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich.
- Die EU ist einer der Hauptimporteure von Rohstoffen, die den größten Anteil an der weltweiten Entwaldung haben: Palmöl (25 % der weltweiten Einfuhren), Soja (15 %), Kautschuk(25 %), Rindfleisch (41 %), Mais (30 %), Kakao (80 %) und Kaffee (60 %). Studien zufolge verursacht die EU durch ihre Importe 16 Prozent der weltweiten Regenwaldabholzung.
- Die Abholzung führt häufig auch zu Menschenrechtsverletzungen gegenüber der lokalen und indigenen Bevölkerung und trägt natürlich zu einem massiven Verlust an biologischer Vielfalt bei.
Inhalt des finalen Gesetzes
- Produkte: Der Gesetzesvorschlag der EU Kommission konzentrierte sich auf den Import von Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja und Holz – sowie deren Folgeprodukte. Von Parlament und Rat wurde der Geltungsbereich auf mehr Produktklassen wie Holzkohle, bedrucktes Papier und mehr Palmöderivate sowie Kautschuk ausgeweitet. In zwei Jahren soll die Aufnahme von Mais und weiteren Produkten überprüft werden.
- Definitionen: Die Frage, welche Ökosysteme im Geltungsbereich der Verordnung sein sollten, war essentiell und hochumstritten. So hatte die Kommission nur Primärwälder vorgeschlagen, wobei ein großer Teil der Entwaldung auch in anderen Ökosystemen passiert, weswegen wir Grüne und das Parlament insgesamt für dessen Aufnahmen stark eingesetzt hatten, was leider nicht mit dem Rat und der Kommission zu machen war. Sowohl andere bewaldete Flächen als auch weitere Ökosystemen wurden nur in die Überprüfungsklausel aufgenommen und könnten dementsprechend potentiell in der Zukunft mit ins Gesetz kommen.
- Finanzinstitutionen: Das Europaparlament hatte sich auch für die Aufnahme von Finanzinstitutionen mit in den Geltungsbereich eingesetzt, allerdings konnte es sich nicht erfolgreich damit durchsetzen. Dabei zeigen Studien, dass auch europäische Banken maßgeblich Projekte und Unternehmen finanzieren, die zur Entwaldung anderswo beitragen. Nun wurden sie nur in die Überprüfungsklausel mit aufgenommen.
- Kontrollen: Die Verordnung ist risiko-orientiert, was bedeutet, dass die Kommission eine Klassifizierung der Länder auf der Grundlage des Risikos der Abholzung und der Zerstörung von Wäldern veröffentlichen wird. Von der Klassifizierung der Länder ist die Anzahl der Kontrollen in den EU Mitgliedstaaten abhängig. So sollen die Mitgliedsländer 1% der Marktteilnehmer aus Ländern mit geringem Risiko kontrollieren, 3 % der Marktteilnehmer mit mittlerem Risiko und 9% der Produkte und Marktteilnehmer mit hohem Entwaldungsrisiko.
- Simplifizierte Sorgfaltspflichten: Auch müssen die Marktteilnehmer bei Produkten und Rohstoffen aus Ländern mit geringem Risiko weniger Sorgfaltspflichten erfüllen und nur die Lieferkette und das Risiko einer Umgehung bewerten.
- Sanktionen: Die Verordnung könnte sich als Papiertiger erweisen, wenn keine strengen und einheitlichen Sanktionen gegen Unternehmen verhängt werden, die sich nicht an das neue EU-Gesetz gegen die Abholzung von Wäldern halten. Es konnte sich aber darauf geeinigt werden, dass die Sanktionen einen Betrag der Geldbußen von „mindestens 4 %“ des Jahresumsatzes des Marktteilnehmers oder Händlers betragen sollen sowie möglicherweise auch die Beschlagnahmung von Produkten, Beschlagnahmung der Einnahmen des Betreibers aus dieser Transaktion, Ausschluss (maximal 12 Monate) vom Zugang zu öffentlichen Fördermitteln, ein vorübergehendes Verbot des Inverkehrbringens auf dem EU-Markt (auf der Grundlage eines Mandats des Europäischen Parlaments), ein Verbot der Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflicht (auf der Grundlage eines Mandats des EP) und die Veröffentlichung der Liste des Urteils mit den Namen der juristischen Personen (auf der Grundlage des Mandats des EP).
- Menschenrechtsverletzungen: Die Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftliche Nutzflächen ist oft mit Landraub, Gewalt und negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte verbunden, insbesondere für indigene Völker. Die EU darf sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen, ebenso wenig wie an der Abholzung von Tropenwäldern. Dies berücksichtigt das Gesetz und verankert auch die Einbeziehung der Rechte Indigener in die Sorgfaltspflichten. Dies war ein besonders wichtiger Punkt für uns Grüne.
- Zugang zur Justiz: Menschen, die durch die Produktion von Rohstoffen oder Produkten, die auf den EU-Markt gebracht werden, geschädigt werden, wie Waldschützer und indigene Völker, die von ihrem Land vertrieben, vertrieben, angegriffen oder durch die Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion geschädigt werden, haben keine Möglichkeit, EU-Unternehmen für die Schäden im Zusammenhang mit ihren Lieferketten zur Rechenschaft zu ziehen oder Zugang zur Justiz in der EU zu erhalten. Hier schafft das Gesetz Verbesserungen.
- Stichtag: Die Produkte müssen von Land kommen, wo es nach 2020 keine Entwaldung mehr gab.
Presseanfragen richten Sie bitte an: anna.cavazzini@europarl.europa.eu.
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