Pressemitteilung: Verbraucherschutz – Europaparlament stimmt diese Woche über Verbot des vorzeitigen Verschleißes ab

Straßburg, den 08.05.2023

Diese Woche Donnerstag stimmt das Europaparlament seine Position zum Gesetzespaket „Stärkung der Verbraucher im Grünen Wandel“ Das Paket enthält Änderungen der Richtlinie über Verbraucherrechte sowie der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Die Debatte im Plenum findet am Dienstagabend statt.

Die grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini, Vorsitzende des zuständigen Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, kommentiert:

„Die Abstimmung im Europäischen Parlament ist eine gute Nachricht für alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die nachhaltig einkaufen wollen. Zukünftig soll es leichter werden, Angaben zur Nachhaltigkeit von Produkten zu vergleichen und ihnen zu vertrauen. Die neuen Informationspflichten werden Greenwashing durch Unternehmen verhindern.

Es ist überfällig, dem vorzeitigen Verschleiß von Produkten einen Riegel vorzuschieben. Praktiken, die dazu führen, dass Produkte schneller als nötig kaputt gehen, haben auf dem Binnenmarkt nichts zu suchen. Bekannte Praktiken, die für ein schnelles Lebensende der Produkte sorgen, kommen auf die schwarze Liste unlauterer Geschäftspraktiken.

Ich freue mich besonders darüber, dass Händler zu einem Reparaturindex auf den Produkten verpflichtet werden sollen, wenn die entsprechenden Informationen verfügbar sind. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich für langlebige, reparierbare Produkte entscheiden, wenn sie schon beim Kauf wissen, wie lange Ersatzteile zu welchem Preis verfügbar sind oder ob sie Reparaturanleitungen und Werkzeuge bekommen können.

Eine klare Kennzeichnung der Reparaturfähigkeit eines Produkts zum Zeitpunkt des Kaufs ist die Grundlage für ein wirksames Recht auf Reparatur. Auf diese Weise können sich die Verbraucher bewusst für ein reparierbares Produkt entscheiden und so Ressourcen und Geldbeutel schonen. Außerdem sollen sie zukünftig auf einem Label erkennen können, wie lange die gesetzliche Gewährleistung für ihr Produkt gilt.

Jetzt kommt es darauf an, diesen ehrgeizigen Standpunkt mit der Kommission und dem Rat auszuhandeln und ihn eng mit den laufenden Verhandlungen über Ökodesign und dem Recht auf Reparatur abzustimmen.“ 

Zum Hintergrund:

  • Das Gesetzespaket wurde als Teil des neuen Aktionsplans Kreislaufwirtschaft angekündigt. Ziel ist es, die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage zu versetzen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen und so zu einem nachhaltigeren Konsum beizutragen,
    1. indem den Verbraucherinnen und Verbrauchern vor dem Kauf bessere Informationen über die Haltbarkeit und Reparierbarkeit bestimmter Produkte zur Verfügung gestellt werden und
    2. indem unlautere Praktiken, die nachhaltige Käufe verhindern, verboten werden.

Zum Inhalt des Parlamentsberichts:

Kampf gegen vorzeitigen Verschleiß:

  • Generelles Verbot der Praktiken des vorzeitigen Verschleißes, auch für Verbrauchsgüter und Ersatzteilen
  • Verbot der Praxis der Nichtbehebung eines bekannten Konstruktionsfehlers innerhalb einer angemessenen Zeitspanne (Nintendo-Fall), des Inverkehrbringens einer Ware, bei der Verbrauchsmaterialien aus technischen Gründen früher als nötig ausgetauscht werden müssen, und der Vermarktung eines Produkts, das so konzipiert ist, dass seine Funktionalität bei Verwendung von Verbrauchsmaterialien, Ersatzteilen oder Zubehör, die nicht vom Originalhersteller stammen, eingeschränkt ist.

Um vorzeitigen Verschleiß auch in Bezug auf Software zu verhindern, bringen wir Grüne/EFA einen Änderungsantrag auf Plenarebene ein, der die Bündelung von Sicherheitsupdates mit Funktionsupdates ebenfalls auf die schwarze Liste unlauterer Geschäftspraktiken setzt.

Kampf gegen Greenwashing:

  • Stärkung von Zertifizierungssystemen, die bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, insbesondere Unabhängigkeit und öffentliche Verfügbarkeit von Kriterien und Bewertungen.
  • Aufnahme von umweltbezogenen Werbeaussagen in die Liste unlauterer Geschäftspraktiken, die ausschließlich auf Carbon Offsetting beruhen, genau wie Behauptungen, die „nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen begründet werden können“.
    • Als Grüne/EFA Fraktion bringen wir einen Änderungsantrag auf Plenarebene ein, der ebenfalls Werbeaussagen in Bezug auf ein Produkt, eine Dienstleistung oder die Tätigkeit eines Händlers in die Liste aufnimmt, die fossile Brennstoffe oder stark verschmutzende Industrien fördern, um Greenwashing zu verhindern.
    • Leider hat unsere Forderung nach einer Vorab-Zertifizierung von Umweltlabels keine Mehrheit gefunden, genauso wie die Substantivierung von Labeln zu sozialen Aspekten.

Verpflichtende Kennzeichnung:

  • Einführung eines harmonisierten Labels, das die Mindestdauer der gesetzlichen Gewährleistung sowie die Anzahl der Jahre angibt, die der Hersteller bei einer freiwilligen Verlängerung der Garantie abdeckt. Das soll nicht nur auf energiebetriebene Produkte beschränkt sein, wie im ursprünglichen Kommissionsvorschlag.
  • Weitergehende Informationen über die Verfügbarkeit von Software-Updates für Waren mit digitalen Elementen und digitalen Inhalten.
  • Verpflichtende Angabe der Reparaturbewertung in Form eines Reparaturindexes, wenn die Informationen verfügbar sind (bspw. im Rahmen der Vorgaben von Ökodesign).
  • Wenn diese Informationen nicht verfügbar sind, sollen zumindest weitere Informationen den Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden müssen: Der Preis von Ersatzteilen, der Zeitraum, in dem Ersatzteile verfügbar sind, Verfügbarkeit von Reparaturanleitungen und Diagnosetools.

Recht auf Reparatur:

  • Hinzufügung einer Reihe von Praktiken in die Liste unlauterer Geschäftspraktiken:
    1. Inverkehrbringen einer Ware, die nicht gemäß den gesetzlichen Bestimmungen repariert werden kann, oder Unterlassen der Information, dass ein Produkt nicht repariert werden kann.
    2. Unterlassung der Information über die Nichtverfügbarkeit von Ersatzteilen und andere Reparaturbeschränkungen.
    3. Unterlassung der Unterrichtung der Verbraucherinnen und Verbraucher darüber, dass der Gewerbetreibende die Reparatur eines Produkts, das zuvor von einer unabhängigen Werkstatt repariert wurde, ablehnt.

 

Hauptunterschiede zur Ratsposition:

  • Der Rat hat soziale Aspekte in den Kampf gegen Greenwashing aufgenommen, was wir aus Grüner Sicht begrüßen.
  • Statt allerdings Praktiken des vorzeitigen Verschleißes zu verbieten, beschränkt sich der Ratsbericht darauf, das Ausbleiben von Informationen über bspw. Software-Updates zu regulieren, nicht aber die Praktiken selbst.