Pressemitteilung: Zollreform – Europäisches Zollsystem ist Voraussetzung für Green Deal und fairen Wettbewerb

Brüssel, den 17. Mai 2023

 

Die Europäische Kommission stellt heute ihre Reform des Zollkodex der Union vor. Die Grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments und Grüne Schattenberichterstatterin für die Zollreform, kommentiert:

„Besonders durch den Online-Handel wird deutlich, wie das derzeitige europäische System aus schlecht koordinierten nationalen Zollbehörden an seine Grenzen kommt: Immer mehr Produkte, die nicht unseren Standards entsprechen, kommen einzeln verpackt aus Drittstaaten direkt an die Haustür europäischer Verbraucherinnen und Verbraucher. Kontrollen auf Sicherheit oder giftige Chemikalien sind hier faktisch ausgeschlossen. Denn aktuell werden Pakete im Wert von weniger als 150 Euro nicht deklariert und Händler zahlen keine Zölle. Dies gefährdet die Verbraucherinnen und Verbraucher und den fairen Wettbewerb zwischen europäischen und nicht-europäischen Unternehmen. Gleichzeitig ist die große Menge absichtlich eingesetzter Einzelsendungen und Verpackungen statt größerer Importmengen ein großes Problem für die Umwelt.“

 

„Ich begrüße den Vorschlag der Europäischen Kommission sehr, der darauf abzielt, die systematischen Probleme des europäischen Zollsystems anzugehen. So können auch unsere neuen europäischen Regeln für entwaldungsfreie Lieferketten und gegen Produkte aus Zwangsarbeit effektiv durchgesetzt werden.“

 

„Ein gut aufgestellter Zoll ist entscheidend, um die Ziele des Green Deal auf dem Binnenmarkt durchzusetzen und dabei hohen Verbraucherschutz sowie fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Die EU setzt ehrgeizige Umwelt-, Sozial- und Digitalstandards, die für alle Unternehmen gelten, egal ob sie innerhalb des Binnenmarkts agieren oder in Drittstaaten. Daher muss sichergestellt werden, dass die Standards auch bei Produkten aus Drittstaaten eingehalten werden. Das schafft fairen Wettbewerb für europäische Unternehmen, die keinen faktischen Nachteil durch Einhalten der Standards haben dürfen.“

 

„Derzeit ist das europäische Zollsystem ein Flickenteppich, das sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark unterscheidet. Daten sind nicht einheitlich und von schlechter Qualität und es gibt keine angemessene Risikoanalyse, die auf den Erfahrungen aller 27 Mitgliedstaaten beruht. Daher fehlt ein Überblick, welche Waren in die Europäische Union gelangen und welche sie verlassen.“

 

„Wenn Portugal beispielsweise eine Lieferung von gefährlichem Spielzeug mit verbotenen Chemikalien identifiziert und blockiert, ist Deutschland bisher nicht in der Lage, diese Informationen auch systematisch zu nutzen. So können Spielzeuglieferungen desselben Unternehmens, die in deutschen Häfen ankommen, nicht nach dieser Erkenntnislage der europäischen Kolleginnen und Kollegen überprüft werden.“

 

Grüne Kurzanalyse:

 

Gute Punkte:

 

  • Die europäische Überwachung des Zolls wird durch die Einrichtung eines EU-Datendrehkreuzes gestärkt, mit dessen Hilfe eine neue Zollbehörde in der Lage sein wird, europäische Risikoanalysen für Waren, die in den Binnenmarkt gelangen, durchzuführen.
  • Der Vorschlag sieht die Aufhebung der Zollbefreiung für Waren unter 150 Euro vor. Dadurch werden die EU-Eigenmittel um 750 Millionen Euro aufgestockt und die Wettbewerbsbedingungen zwischen dem elektronischen Handel und dem traditionellen Handel angeglichen werden. Durch die Erfassung einfacher Informationen über jede im elektronischen Handel verkaufte Ware wird die EU in der Lage sein, Risikoanalysen durchzuführen und gefährliche und nicht konforme Waren zu stoppen.
  • Die Aktenregelung für nicht konforme Wirtschaftsbeteiligte wird vereinfacht und harmonisiert. Derzeit sind die Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich, was dazu führt, dass Wirtschaftsbeteiligte, die Betrug begehen, die Tür zum Binnenmarkt mit dem schwächsten Ansatz wählen

 

Fehlende Elemente:

 

  • Der Vorschlag sieht nicht die Veröffentlichung von Zolldaten vor. Diese Daten könnten NROs, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Menschenrechtsverteidigerinnen und Verteidiger und Opfern von Unternehmensmissbrauch dabei helfen, europäische Unternehmen zu identifizieren, die mit anderen in Menschenrechtsverletzungen verwickelten Unternehmen Handel treiben. Die US-Zolldaten sind für die Öffentlichkeit zugänglich
  • Der Vorschlagsentwurf sieht keine Verpflichtung für ausländische Händler vorn, die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Gesamtkosten ihrer Bestellungen zu informieren, einschließlich möglicher Zölle und Gebühren.