Pressemitteilung zur Abstimmung der EU-Bauprodukteverordnung im Europäischen Parlament

Straßburg, 11. Juli 2023

Die heute im Europäischen Parlament beschlossene Überarbeitung der EU-Bauprodukteverordnung (Construction Products Regulation – CPR) kommentiert Anna Cavazzini, Grüne Europaabgeordnete und Vorsitzende des  Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europäischen Parlament:

„Die Bauindustrie hat enormes Potential, Ressourcen und Klima zu schonen. Doch dafür muss der Bausektor im Angesicht der Klimakrise kreislauffähig werden. Die Überarbeitung der EU-Bauprodukteverordnung verpasst diese Chance leider.

Die Konservativen haben sich mit Unterstützung der Baulobby in der heutigen Abstimmung durchgesetzt. Entgegen den Vorschlägen der Kommission und dem Green Deal, leistet das Gesetz keinen Beitrag zum Umbau des Bausektors zu einer zukunftsfähigen Industrie. 

Wir als Grüne haben bis zuletzt dafür gekämpft, das Gesetz wirksam auszugestalten  und Verbesserungsvorschläge eingebracht – leider hatten wir im Plenum dafür keine Mehrheit.

Dass für viele Bauprodukte, wie Türen, Fenster oder Zement, nicht die ambitionierten Nachhaltigkeitsstandards der Ökodesign-Verordnung gelten, ist ein herber Rückschlag für die Umsetzung des Green Deals. 

Zum Glück haben wir als Grüne/EFAs uns erfolgreich dafür eingesetzt, zumindest die klimaschädliche Zementindustrie schnellstmöglich als Produktgruppe in die Ökodesign-Verordnung einzuschließen. Wir werden jetzt dafür kämpfen, das auch in den Verhandlungen mit dem Rat zu verteidigen und so den Schaden zu begrenzen. ”

Hintergrund

– Die Herstellung von Bauprodukten ist mit enormer Klima- und Umweltverschmutzung verbunden. Der Bausektor verbraucht aktuell etwa die Hälfte des gesamten in der EU geförderten Materials und ist zudem für über ein Drittel des gesamten Abfallaufkommens in der EU verantwortlich. Er verursacht zudem hohe CO2 Emissionen, insbesondere durch die klimaschädliche Zementproduktion. Diese ist weltweit für circa 8 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

– Die aus dem Jahr 2011 stammende EU-Bauprodukteverordnung, die jetzt überarbeitet wurde, legt einheitliche Regeln für die Vermarktung von Bauprodukten fest. Sie verfehlt bisher allerdings ihr Ziel, wirksame Standards festzulegen. Vergangenes Jahr veröffentlichte die EU-Kommission einen Entwurf zur Überarbeitung. Der federführende Binnenmarktausschuss beschloss bereits im März seine Position, die heute im Europäischen Parlament abgestimmt wurde.

– Ein großes Problem ist, dass der Vorschlag des Europäischen Parlaments eigene Zertifizierungen der Industrie als offizielle Methode zur Folgenbewertung zulässt. Diese Bewertung deckt jedoch nur etwa die Hälfte der Umweltauswirkungen eines Produktes ab und ist ohne substantielle Garantien.

– Zudem sind in der Bauprodukteverordnung die Verweise auf die Vorschriften der europäischen Ökodesign-Verordnung mangelhaft. Im Konfliktfall bekommt zudem die Bauprodukteverordnung Vorrang über die Standards der Ökodesign-Verordnung. Dabei ist die Ökodesign-Verordnung ein wichtiges Instrument für die Kreislaufwirtschaft in Europa und ein essentielles Sicherheitsnetz für den nachhaltigen Binnenmarkt und wird ebenfalls diese Woche im Plenum abgestimmt. Es konnte allerdings in der Ökodesign-Verordnung ein Kompromiss für Zement gefunden werden (Artikel 16): Im Falle des Fehlens angemessener Leistungs- und Informationsanforderungen an Zement in der Bauprodukteverordnung bis 2027, soll Zement als vorrangige Produktkategorie in den nächsten Arbeitsplan zur Umsetzung der Ökodesign-Verordnung aufgenommen werden.