Pressestatement: Umweltausschuss des Europaparlaments schärft Kommissionsvorschlag zu entwaldungsfreien Lieferketten nach

Gerade hat der Umweltausschuss des Europaparlaments seine Position bezüglich des Gesetzesvorschlags für entwaldungsfreie Lieferketten abgestimmt. Der Binnenmarktausschuss hatte bereits im Juni seine Stellungnahme abgestimmt. Dazu kommentiert die Europaabgeordnete Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Berichterstatterin der Stellungnahme des Binnenmarktausschuss:

„In der ersten Hälfte des Jahres haben wir einen neuen traurigen Rekord der Entwaldung des Amazonas-Regenwalds gesehen. Die EU darf durch ihre Importe nicht länger zur dieser massiven Entwaldung beitragen. Um die grüne Lunge unseres Planeten und die Heimat für tausende Menschen und Spezies zu bewahren, ist der Gesetzesvorschlag für entwaldungsfreie Lieferketten wegweisend.

Ich begrüße es, dass sowohl der Umwelt- als auch der Binnenmarktausschuss den Kommissionsentwurf nachgeschärft haben. So wurde der Geltungsbereich auf weitere Produkte wie Mais und Kautschuk, aber auch auf Finanzinstitutionen ausgeweitet. 

Der Ausschuss sprach sich dafür aus, andere bewaldete Flächen mit in den Gesetzesvorschlag aufzunehmen, aber leider wurde die Einbeziehung anderer Ökosysteme alleine in eine Überprüfungsklausel aufgenommen. Die EU trägt durch ihre Sojaimporte maßgeblich zur Abholzung der brasilianischen Cerrado-Savanne bei – das ist deshalb eine verpasste Chance!” 

Hintergrund

  • Studien zufolge verursacht die EU durch ihre Importe 16 Prozent der weltweiten Regenwaldabholzung.
  • Der Kommissionsvorschlag für eine neue Verordnung zur „Entwaldung und Zerstörung von Wäldern – Verringerung der Auswirkungen von in der EU verkauften Erzeugnissen“ sieht eine Sorgfaltspflichtregelung für die gesamte Lieferkette vor. Ihr zufolge müssen die Importeure sowie große Händler der betreffenden Waren sicherstellen, dass die Waren auf eine Weise hergestellt wurden, die weder zur Entwaldung noch zur Waldschädigung beigetragen hat.
  • Der Umweltrat hat bereits vor zwei Wochen seine Position zu dem Gesetzgebungsvorschlag abgestimmt. Diese können Sie hier Mit der heutigen Abstimmung im federführenden Umweltausschuss, haben auch alle Ausschüsse des Europaparlaments ihre Positionen bezogen, beispielsweise auch der Binnenmarktausschuss. Die Plenarabstimmung ist im September vorgesehen. Danach beginnen die inter-institutionellen Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Parlament.
  • Der Gesetzesvorschlag der EU Kommission konzentrierte sich auf den Import von Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja und Holz – sowie deren Folgeprodukte. Der Umweltausschuss hat den Geltungsbereich nun auf mehr Produktklassen ausgeweitet. Nun sind auch Kautschuk, Mais, Geflügel, Ziegen, Schweine und Schafe mit inbegriffen. Außerdem wurden auch Holzkohle und bedruckte Papierprodukte in den Geltungsbereich aufgenommen.
  • Leider konnten sich die anderen Fraktionen nur dazu durchringen, andere bewaldete Flächen (nach der FAO Definition) neben Primärwäldern in den Gesetzesvorschlag aufzunehmen. Allerdings muss die Kommission, wenn es nach dem Willen des Umweltausschuss’ geht, innerhalb eines Jahres die Regulierung in Bezug auf die Inklusion anderer Ökosysteme hin überprüfen.  Dies ist wichtig, denn dank einer Studie von Trace/GlobalCanopy wissen wir nun, dass in den Cerrado-Regionen, aus denen die EU ihre Rohstoffe bezieht, 80 % der momentanen Entwaldung im Landwirtschaftssektor nicht unter den Vorschlag der Kommission fallen würden. Da diese anderen Ökosysteme momentan nicht in den Anwendungsbereich der Gesetzgebung fallen werden, könnte die neue EU-Gesetzgebung den bereits hohen Druck auf andere natürliche Ökosysteme noch verstärken und die globalen Biodiversitätsziele der EU untergraben. Hier muss nachgebessert werden.
  • Die Verordnung ist Risiko-orientiert, was bedeutet, dass es eine Klassifizierung der Länder auf der Grundlage des Risikos der Abholzung und der Zerstörung von Wäldern von der Kommission erstellt und veröffentlicht werden wird. In Gebieten mit hohem Risiko wird von den Unternehmen eine größere Sorgfaltspflicht verlangt werden als in Gebieten mit geringerem Risiko. Das kann zu Schlupflöchern führen, weil Produkte von Ländern mit hohem Entwaldungsrisiko in solche mit niedrigem Entwaldungsrisiko umgeleitet und damit weniger kontrolliert werden könnten. Nun hat der Umweltausschuss sich hier der Stellungnahme vom Binnenmarktausschuss angeschlossen und betont, dass bei möglicher Umgehung Maßnahmen ergriffen werden sollen.
  • Auch wurden für alle Risikostufen die Kontrollen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag verbessert (5 % geringes Risiko, 10 % Standardrisiko, 20 % hohes Risiko). Der Rat hatte diese wiederum abgeschwächt.
  • Auch wurden die Aktivitäten für alle in der EU zugelassenen Finanzinstitute, die Gelder an Unternehmen vergeben, die Wald- und Ökosystem-Risikorohstoffe und daraus hergestellte Produkte ernten, gewinnen, herstellen, verarbeiten oder handeln,  mit in den Anwendungsbereich der Verordnung aufgenommen.
  • Im Vergleich zum Kommissionsvorschlag wurde der Text in Bezug auf Menschenrechte verschärft. Sowohl im Umwelt- als auch im Binnenmarktausschuss wurde festgehalten, dass die Entwaldung im engen Zusammenhang der Verletzung von Rechten indigener Bevölkerungsgruppen steht. Daher fordert der Umweltausschuss, dass auch Produkte unter den Geltungsbereich der Verordnung fallen, die mit Menschenrechtsverletzungen, insbesondere den Rechten indigener Bevölkerungsgruppen, in Zusammenhang gebracht werden.
  • Der Umweltausschuss fordert zudem, dass die EU-Kommission die Namen der Wirtschaftsbeteiligten und Händler veröffentlicht, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.