Pressestatement zu den neuesten Entwaldungszahlen in Brasilien
Zu den neuesten Entwaldungszahlen in Brasilien erklärt Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini, Vizepräsidentin der Brasilien-Delegation im Europäischen Parlament:
„Während die Große Koalition in Berlin weiter am Freihandelsabkommen mit Mercosur festhält, sind die neuesten Zahlen aus Brasilien alarmierend. Im August alleine wurden 1.358 Quadratkilometer des brasilianischen Amazonasgebiet unwiederbringlich verbrannt, was diesen August zum zweitschlechtesten seit Beginn der Satellitenaufnahmen im Jahr 2015 macht.
Dazu wurden in der ersten Septemberwoche mehr als doppelt so viele Brände im brasilianischen Amazonas registriert wie im selben Zeitraum des Vorjahres. Das Tempo der Vernichtung nimmt dramatisch zu. Die grüne Lunge unseres Planeten stirbt.
Die Brände und Entwaldung im Amazonas haben extrem negative Auswirkungen auf das wichtige Feuchtgebiet Pantanal, das von den Luftmassen aus dem feuchten Amazonas Regenwald abhängig ist. Seit Jahresanfangs wurden dort 12.567 Brände registriert, ein Anstieg von 223% im Vergleich zu 2019.
Die bisherigen diplomatischen Kanäle reichen ganz eindeutig nicht aus, um die brasilianische Regierung zu einem Kurswechsel zu bewegen. Die EU und die Bundesregierung müssen den Hebel über die EU-Außenwirtschaftspolitik nutzen, denn dies hat die EU selbst in der Hand: Entwaldungsfreie Lieferketten, eine Verbesserung der Unternehmensverantwortung von Firmen im Agrar- und Rohstoffsektor, sowie eine Abkehr vom umstrittenen Mercosur-Abkommen.“
Hintergrund:
- Die heute veröffentlichten Entwaldungsdaten zeigen, dass im August 1.358 Quadratkilometer des brasilianischen Amazonasgebiet unwiederbringlich gerodet wurden (DETER).
- Zwischen 1. September und 7. September 2020 wurden vom brasilianischen Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) 8,373 Brände im brasilianischen Amazonasgebiet registriert. 27% der bisherigen Großbrände im September ereigneten sich in Urwäldern und nicht in kürzlich abgeholzten Gebieten oder Ackerland.
- Im August wurde fast die gleiche Anzahl von Bränden registriert wie im Rekordjahr 2019, 29.307 im Vergleich zu 30.900 (INPE). Allerdings muss dieser Rückgang relativiert werden, da ein von INPE verwendeter Referenzsatellit (Aqua) dazu führte, dass ein Teil des Amazonas vom 16.8. bis zum 2.9. nicht beobachtet wurde, was zu einer ungewöhnlich geringen Anzahl von Anerkennungen führte (Observatorio do Clima). Überarbeitete INPE-Daten werden voraussichtlich zeigen, dass die Brände im August auf ein 10-Jahres-Hoch gestiegen sind.
- Seit Jahresanfang wurden im Feuchtgebiet Pantanal 12.703 Brände registriert. Die illegale Entwaldung dort hat sich in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mehr als verdoppelt, von 64 km² im gleichen Zeitraum des Vorjahres auf 133 km². Dieser Anstieg dürfte auf die Ausweitung der Landwirtschaft zurückzuführen sein. Der Ausbau von großen Soja- und Zuckerrohrplantagen haben Brasiliens Abschnitt des Pantanal-Feuchtgebiets, eines der größten Feuchtgebiete der Welt und bedeutende Quelle für sauberes Trinkwasser, unter Druck gesetzt (LSE 2020, basiert auf USAID, 2011).