Pressestatement zu den Verhandlungen über die Modernisierung des Energiechartavertrags

Zum Beginn der 2. Verhandlungsrunde über die Modernisierung des Energiechartavertrags erklärt Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:

„Der Energiechartavertrag schützt Investitionen in fossile Brennstoffe und ermöglicht es Investor*innen Staaten wegen des Ausstiegs aus fossiler Energie über Milliardensummen zu verklagen. Dies ist weder mit den Pariser Klimazielen noch mit dem EU Green Deal vereinbar.

Die EU-Kommission muss in den Verhandlungen darauf hinwirken, den Schutz von fossilen Brennstoffen aus der Anwendung des Vertrags zu streichen und die hoch umstrittenen Klauseln zu Investor-Staat-Klagen (ISDS) zu reformieren. Aber der Versuch darf sich nicht über Jahre hinziehen. Wir können uns nicht leisten, schmutzige, klimaschädliche Investitionen vertraglich zu schützen. Wenn es bis Ende 2020 keine greifbaren Ergebnisse gibt, müssen wir diesen klimafeindlichen Vertrag endgültig beenden.

Die aktuellen Diskussionen um Nord Stream 2 bringen eine neue Brisanz in die Verhandlungen. Nord Stream 2 verklagt die EU bereits im Rahmen des Energiechartavertrags wegen der Überarbeitung der EU-Gasrichtlinie. Eine weitere Klage gegen etwaige Sanktionen oder einen Stopp des Pipelineprojektes, was momentan diskutiert wird, lässt nur auf sich warten.“ 

Hintergrund:

  • Der Vertrag über die Energiecharta (im Folgenden „ECV“) ist eine plurilaterale Übereinkunft zu Handel und Investitionen im Energiebereich. Er wurde im Dezember 1994 von der EU unterzeichnet und trat im April 1998 für die EU in Kraft. Bislang traten dem ECV zweiundfünfzig Staaten sowie die EU und Euratom bei. Die EU-Mitgliedstaaten (alle außer Italien, das im Jahr 2016 zurücktrat) machen etwa die Hälfte der Vertragsparteien des ECV aus.
  • Angesichts der zunehmenden rechtlichen und politischen Bedenken gegen den ECV schlug das Sekretariat der Energiecharta eine Modernisierung des ECV vor. Für die EU wird die Kommission die Verhandlungen durchführen (mehr Infos hier). Die zweite Verhandlungsrunde findet vom 8. bis zum 11. September
  • In einem offenen Brief (siehe Anhang) fordern 95 Europaabgeordnete und 46 Mitglieder nationaler Parlamente die Verhandlungsführer*innen auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des ECV zum Schutz ausländischer Investitionen in fossile Brennstoffe gestrichen werden (oder zumindest reformiert und begrenzt werden). Wenn dies am Ende der für den Herbst geplanten 3. Verhandlungsrunde nicht erreicht wird, fordern sie zu prüfen, aus dem ECV auszutreten.