Pressemitteilung: Ratsposition zum EU-Lieferkettengesetz

Der Rat der EU-Ministerinnen und Minister zur „Wettbewerbsfähigkeit“ (Binnenmarkt und Industrie) hat heute seine Position zum EU-Lieferkettengesetz beschlossen.

Anna Cavazzini, Grüne Verhandlerin im Handelsausschuss zum EU-Lieferkettengesetz kommentiert:

„Ich begrüße, dass der Rat der EU sich auf eine Position zum EU-Lieferkettengesetz einigen konnte und sich die Verhandlungen nicht noch bis in die schwedische Ratspräsidentschaft ziehen. Aber die Sonderrolle des Finanzsektors auf Druck von Frankreich in letzter Sekunde ist skandalös und nicht nachvollziehbar. Der Finanzsektor hat eine enorme Lenkungswirkung und die EU sollte Investitionen in Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen nicht mehr länger dulden. 

Zwar streicht der Rat das schwierige Konzept der „etablierten Geschäftsbeziehungen“  – allerdings schränkt der heute angenommene Vorschlag gleichzeitig die Tiefe der Lieferketten ein, was große Schlupflöcher in das Gesetz reißt. Auch in weiteren Bereichen wie bei der Haftung oder beim Klimaschutz schwächt der Rat den ohnehin schon lückenhaften Kommissionsvorschlag weiter ein. Es scheint, dass die Regierungen vor dem großen Lobbydruck eingeknickt sind. Ich erwarte schwierige Verhandlungen mit dem Parlament.“ 

Kontext:

  • Die Europäische Kommission hatte im Februar dieses Jahres die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (das “EU-Lieferkettengesetz”) vorgelegt.
  • Der Rat hat nun seine Änderungswünsche zu dem Gesetz bestimmt, die hier zu finden sind: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-15024-2022-REV-1/de/pdf  . Im EU-Parlament laufen die Verhandlungen noch. Hier wird eine Position erst im Mai nächsten Jahres erwartet.
  • Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird eine verbindliche menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflicht für Unternehmen eingeführt, die weit über den Geltungsbereich des deutschen Lieferkettengesetzes hinausgeht.
  • Beispielsweise soll die Richtlinie laut Kommission und Rat für Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 150 Millionen Euro gelten, in Hochrisikosektoren, wie der Agrarwirtschaft, sogar für Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden. Allerdings fordert der Rat hier längere Umsetzungszeiten.
  • Auch wurde der Kommissionsvorschlag vom Rat insofern eingeschränkt, da nicht mehr auf die ganze Wertschöpfungskette, sondern das vage Konzept der „Tätigkeitskette“ eingeführt wurde. Damit wird die Phase der Nutzung der Produkte des Unternehmens oder der Erbringung von Dienstleistungen ganz weggelassen.
  • Bis zum Schluss wurde um die Ausnahme des Finanzsektors zwischen den Mitgliedsländern gerungen. Im finalen Text steht nun, dass der Finanzsektor ausgenommen ist, aber sich Mitgliedsstaaten freiwillig dazu entscheiden können, die Richtlinie auch auf den Finanzsektor anzuwenden.
  • Auch müssen Unternehmen nach dem Willen des Rates nur spätestens alle 24 und nicht alle 12 Monate eine Sorgfaltsprüfung durchführen.
  • Die ohnehin schon schwache Formulierung der Kommission für die Erstellung eines Emissionsminderungsplanes wurde weiter abgeschwächt, da die einzige Konsequenz bei Nichteinhaltung, die variable Vergütung, gestrichen wurde.
  • Und auch der Artikel zur zivilrechtlichen Haftung wurde abgeschwächt, da nun bestimmte Bedingungen erfüllt werden müssen- ein Schaden, der einer natürlichen oder juristischen Person zugefügt wurde, eine Pflichtverletzung, der Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der Pflichtverletzung und ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) . Allerdings fand die deutsche Position einer sogenannten „Safe-Harbour-Regelung“ zum Glück keine Mehrheit im Rat, denn diese hätte die Haftungsregelung extrem eingeschränkt.

Presseanfragen richten Sie bitte an: anna.cavazzini@europarl.europa.eu

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