Pressestatement: EU Kommission kündigt an im Fall Turów EU-Gelder für Polen einzubehalten

Die Europäische Kommission hat angekündigt, die vom EuGH verhängten Strafgelder gegen Polen aufgrund des Weiterbetriebs des Tagebaus Turów, von EU-Geldern für Polen abzuziehen. Es ist das erste Mal, dass die EU Kommission zu diesem Mittel greifen wird.

Dazu kommentiert Anna Cavazzini, Europaabgeordnete für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen:

„Endlich wird die EU-Kommission aktiv und erzwingt eine Umsetzung der Strafzahlungen. Es ist folgerichtig, EU-Gelder jetzt direkt einzubehalten, da Polen seit Monaten keinen Cent der Strafzahlungen überwiesen hat. In der EU gelten für alle Mitgliedsstaaten die gleichen Rechte und eben auch Pflichten.

Es ist einfach unfassbar mit welcher Vehemenz Polen sich den Gerichtsentscheidungen des EuGH verweigert und somit die EU vorführt. Dieses Verhalten ist wahrhaft einmalig in der Geschichte der EU. Noch nie zuvor hat ein Mitgliedsstaat der EU dauerhaft die Zahlung von Strafgeldern verweigert.

All das hätte Polen vermeiden können, in dem es der Anordnung des EuGHs vom Mai 2021 zur vorübergehenden Stilllegung des Tagebaus Turów nachgekommen wäre.

Nichts ist passiert und die betroffenen Menschen in den benachbarten Ländern sind zu Recht wütend. Immer wieder prangern Anwohner*innen in Tschechien die Wasserknappheit an oder beklagen auf deutscher Seite die Risse in ihren Häuserwänden durch den sich absinkenden Boden in Zittau. Von den klimaschädlichen Auswirkungen des gigantischen Braunkohletagebaus ganz zu schweigen. Wir brauchen endlich eine Lösung des seit Jahren schwelenden Konflikts. Dialoge sind wichtig. Doch die Einhaltung des gemeinsamen rechtlichen Rahmens ist die Basis jeder Zusammenarbeit.“

Hintergrund

Am 20.September 2021 hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg im Fall der Klage der Tschechischen Republik gegen Polen aufgrund des Tagebaus Turów eine Geldstrafe von 500.000 EUR pro Tag verhängt. Mittlerweile haben sich 50 Millionen Strafgelder angesammelt.

Letzten Donnerstag gab Kommissionssprecher Balazs Ujvari auf einer Pressekonferenz bekannt, dass eine erste Aufforderung zur Zahlung bereits am 10. November 2021 verschickt wurde. Die Strafgelder aus Polen sind jedoch nicht eingetroffen. Folglich würde bei ausbleibender Zahlung nun die Summe der Strafgelder der ersten Aufforderung an Polen von den Zahlungen abgezogen, die Polen sonst aus den EU-Fonds üblicherweise erhält.

Die Klage der tschechischen Regierung richtet sich gegen die Entscheidung Polens, dem Tagebau Turów eine Lizenzverlängerung bis 2026 und eine weitere Lizenzverlängerung bis 2044 zu gewähren. Für beide Lizenzverlängerungen sind laut der Klage keine ordnungsgemäße öffentliche Konsultation oder Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß EU-Richtlinien durchgeführt wurden.
Der Tagebau beeinträchtig nachweislich die Wasserversorgung tausender tschechischer Familien und sorgt auf deutscher Seite für Senkungen, die Häuser in der Umgebung der deutschen Stadt Zittau weiter beschädigen könnten.

Außergerichtliche Verhandlungen zwischen Polen und der Tschechischen Republik haben bisher keinen Kompromiss erzielt. Sie sollen jedoch am morgigen Dienstag, 18.01.2022 wiederaufgenommen werden.

Presseanfragen richten Sie bitte an: anna.cavazzini@europarl.europa.eu

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