Pressestatement: Gerichtsurteil über Nord Stream 2

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat heute eine Entscheidung zu Nord Stream 2 getroffen. Das Gericht hat die Forderung des Konzerns abgelehnt, von den EU-Vorschriften für den Gastransport ausgenommen zu werden.

Ein paralleles, geheimes Verfahren vor einem Investitionsschiedsgericht steht allerdings noch aus. Nord Stream 2 hatte es im September 2019 unter Berufung auf den umstrittenen Energiecharta-Vertrag gegen die EU angestrengt.

 

Anna Cavazzini, Sprecherin der Grünen/EFA für EU-Investitionspolitik, kommentiert:

Gazprom könnte buchstäblich Milliarden von Steuergeldern fordern – aber wir wissen nicht, wie viel, weil das Verfahren geheim ist. Die Investionsschiedsrichter sind nicht an die heutige Entscheidung des Gerichts gebunden. Schlimmstenfalls könnte das Konsortium sogar ein weiteres undurchsichtiges Schiedsgerichtsverfahren gegen Deutschland wegen derselben Entscheidung anstrengen.

Das Projekt Nord Stream 2 ist ein klima- und geopolitischer Albtraum. Es hält uns in der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und stärkt die Position Putins in der Region. Es spaltet Europa, denn die östlichen Mitgliedstaaten lehnen es entschieden ab. Nord Stream 2 ist ein historischer Fehler der großen Koalition.

Das durch den Energiecharta-Vertrag ermöglichte Schiedsgerichtsverfahren könnte die Steuerzahler*innen in der EU und in Deutschland am Ende Milliarden kosten – das ist nur ein Vorgeschmack auf weitere Schiedsverfahren, die uns wegen des Ausstiegs aus Fossilen bevorstehen. Die EU und Deutschland müssen deshalb aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigen.“

 

Kontext

  • Am 15. Mai lehnte die deutsche Regulierungsbehörde den Antrag der Gasimportpipeline Nord Stream 2 auf eine Ausnahmeregelung von den neuen EU-Vorschriften ab.
  • In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ging es um EU-Vorschriften, die eine „Entflechtung“ der Unternehmen für die Produktion, den Transport und die Verteilung von Gas vorschreiben, sobald die Pipeline deutsches Gebiet erreicht. Mit der Entscheidung gegen das Konsortium, könnte es nun gezwungen sein, die Kapazitäten für Dritte zu versteigern.
  • Das in russischem Besitz befindliche Nord Stream 2-Pipelinekonsortium hatte am 26. September 2019 eine Klage eingereicht, in der es ein privates Schiedsgericht ersuchte, festzustellen, ob die Europäische Union gegen ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Energiecharta (ECT) verstoßen hat.
  • Entscheidend ist, dass wir nicht wissen, wie viel Nord Stream 2 von der EU verlangt, aber es könnte sich um Milliardenbeträge handeln. Diese Geheimhaltung ist an sich schon ein Skandal.
  • Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ist ein internationales Abkommen, das Mitte der 90er Jahre abgeschlossen wurde. Der Vertrag gesteht Energieunternehmen große Befugnisse zu, nämlich Staaten vor privaten Schiedsgerichten über Milliarden von Dollar bzw. Euro zu verklagen. Kein anderes internationales Handels- oder Investitionsabkommen der Welt hat mehr Investorenklagen ausgelöst als der Energiecharta-Vertrag.

Presseanfragen richten Sie bitte an: anna.cavazzini@europarl.europa.eu

Hier können Sie sich für meinen Presseverteiler anmelden.