Pressestatement: Notstand in Chile – Auswirkungen auf die Handelsverhandlungen mit der EU

Chiles Präsident Sebastían Piñera hat nach Zusammenstößen zwischen der Polizei und indigenen Gemeinschaften im Süden des Landes den Notstand ausgerufen. Dazu erklärt die Europaabgeordnete Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:

„Ich fordere die EU-Kommission auf, der chilenischen Regierung klarzumachen, dass Europa die Rechte indigener Völker unterstützt und den Notstand genau beobachtet. Die derzeitige Regierung hat die Unterstützung in der Bevölkerung verloren, das zeigt sich auch durch die massive soziale Mobilisierung und das Ergebnis bei der Wahl zum Verfassungskonvent.

Die Handlungen der aktuellen Regierung in Chile sind fragwürdig in Bezug auf die Rechte indigener Völker. In diesem Kontext ist es verwerflich, dass die EU vor den chilenischen Präsidentschaftswahlen und vor Abschluss des Verfassungsprozesses überstürzt ein Handelsabkommen mit dem südamerikanischen Land abschließen will. Die EU-Kommission muss den gegenwärtigen demokratischen Moment Chiles respektieren und darauf warten, mit einer neuen Regierung zu verhandeln.“

Hintergrund:

  • Der Notstand wird von der Präsidentin des Verfassungskonvents kritisiert. Der Konvent wurde im Mai mit dem Auftrag gewählt, eine neue Verfassung für Chile auszuarbeiten.
  • Der Präsident ist in den letzten Tagen ins Rampenlicht gerückt, da die Pandora Papers eventuelle illegale Machenschaften über ihn aufdecken. Chiles Staatsanwaltschaft hat gestern eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet. Zudem wird der Präsident im Kongress auch formell einer verfassungsrechtlichen Anklage ausgesetzt, die in den kommenden Wochen möglicherweise zu einer Amtsenthebung führen könnte.
  • Die Präsidentschaftswahlen in Chile sind für den 21. November angesetzt. Der laufende Verfassungsprozess soll bis Juni 2022 abgeschlossen sein.
  • In diesem Zusammenhang hat gestern eine Gruppe von 36 Abgeordneten des EU-Parlaments die Europäische Kommission in einem Schreiben aufgefordert, die Verhandlungen über das Handelsabkommen EU-Chile erst nach Ende des Wahl- und Verfassungsprozesses in Chile abzuschließen. Sowohl die EU als auch Chile hatten die Verhandlungen zuletzt beschleunigt und streben einen Abschluss noch vor den Wahlen an – was die Euroabgeordneten aus demokratischer Sicht für äußerst problematisch

Presseanfragen richten Sie bitte an: anna.cavazzini@europarl.europa.eu

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