Pressestatement: Schwache Ausrede für eine fehlende Nachhaltigkeitsfolgeneinschätzung des EU-Mercosur Handelsabkommens

In einer schriftlichen Antwort auf eine parlamentarische Anfrage einer Gruppe grüner Europabgeordneter konnte der EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis nicht zufriedenstellend begründen, warum die EU-Kommission das EU-Mercosur-Abkommen vor Abschluss einer Nachhaltigkeitsfolgenabschätzung ausverhandelt hatte. Die Kommission bedauere lediglich, dass es nicht möglich war, die Folgenabschätzung vor Ende der Verhandlungen fertigzustellen.

Dazu erklärt die Europaabgeordnete Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:

„Folgenabschätzungen sollen Prognosen liefern und Empfehlungen aufzeigen, um sicherzustellen, dass Handelsabkommen keine nachteiligen Auswirkungen haben. Es ist unerlässlich, dass sie vor Abschluss eines Abkommens und zu Beginn der Verhandlungen durchgeführt und veröffentlicht werden. Kein Handelsabkommen sollte ohne soziale und ökologische Folgenabschätzungen verhandelt werden. Dass die Verhandlungen mit Mercosur „von einer besonders intensiven Endphase gekennzeichnet waren“ ist keine vernünftige Rechtfertigung für die Missachtung des korrekten Ablaufs der EU-Handelspolitik.

Die Situation in den Mercosur-Ländern hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Das EU-Mercosur-Abkommen setzt voraus, dass starke nationale Gesetze zur Verhinderung von Abholzung und zum Schutz der Menschenrechte vorhanden sind. Doch zum Beispiel in Brasilien wurden diese nationalen Schutzmaßnahmen unter der Präsidentschaft von Bolsonaro komplett zerstört. Sie wieder aufzubauen könnte Jahrzehnte dauern und die möglichen negativen Auswirkungen des EU-Mercosur-Abkommens enorm erhöhen. Diese neuen Umstände nicht zu berücksichtigen ist unverantwortlich.

Die EU-Kommission muss endlich einsehen, dass der einzige adäquate Weg darin besteht, die Verhandlungen neu aufzunehmen. Sonst bleibt das Abkommen mit den Zielen des europäischen Green Deals unvereinbar.“

Hintergrund

  • Die EU-Kommission führte die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten zum Handelsabkommen ohne eine abgeschlossene Bewertung der möglichen wirtschaftlichen, sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Auswirkungen.
  • Im März veröffentlichte die Europäische Ombudsfrau Emily O’Reilly ihre Untersuchung zum Vorgehen der EU-Kommission im Rahmen der EU-Mercosur-Handelsverhandlungen. Ihr Fazit war eindeutig: Die EU-Kommission hätte vor dem Abschluss der Verhandlungen eine aktualisierte Nachhaltigkeitsfolgenabschätzung fertigstellen müssen. Ihr Versäumnis sei schlechte Verwaltungspraxis, so die Ombudsfrau.
  • 20 grüne Europaabgeordnete haben daher eine parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission gerichtet, in der sie nachfragten, warum sich die Veröffentlichung der Folgenabschätzung verzögert hatte und wie die EU-Kommission beabsichtigt, den Umweltschutz zu gewährleisten, wenn das Abkommen selbst das Problem der zunehmenden Entwaldung in der Mercosur-Region nicht angemessen behandelt.

Presseanfragen richten Sie bitte an: anna.cavazzini@europarl.europa.eu

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