Pressestatement zu Turów – Polen erteilt Tagebaulizenz bis 2044

Der polnische Klima- und Umweltminister hat heute eine Konzession für die Erweiterung des Braunkohletagebaus Turów an das Unternehmen PGE erteilt, die den Kohleabbau bis 2044 ermöglicht.

Anna Cavazzini, bündnisgrüne Europaabgeordnete für Sachsen kommentiert:

„Ich kritisiere die Verlängerung der Kohlelizenz scharf. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich in der Region für ein ordnungsgemäßes Verfahren einsetzen. Die Tschechische Republik hat bereits eine Klage gegen Polen vor den Europäischen Gerichtshof laufen und jetzt wird trotzdem die neue Lizenz für den Tagebau bis 2044 ausgestellt.

Am 30.04.2020 ist die letzte legale Lizenz für den Tagebau Turów ausgelaufen. Die Verlängerung dieser Lizenz um 6 Jahre war illegal. Das kritisiere ich seit über einem Jahr. Gemeinsam mit 37 weiteren Europaabgeordneten habe ich mich anlässlich des Jahrestages des illegalen Bergbaus erst heute wieder an die EU Kommission gewandt. Wir fordern die EU Kommission auf, endlich zu handeln. Das Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ist längst überfällig.

Die EU-Kommission hat bereits in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom Dezember 2020 bestätigt, dass die polnischen Behörden die Bestimmungen der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (2011/92/EU) und der Richtlinie über den Zugang zu Informationen (2003/4/EG) nicht korrekt angewandt haben, was die Information der Öffentlichkeit und der Mitgliedstaaten, die an grenzüberschreitenden Konsultationen beteiligt sind, den Zugang zu Gerichten sowie den in Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit betrifft.

Die EU-Kommission kann hier nicht länger wegschauen. Turów ist eine dringende Angelegenheit, die in Angriff genommen werden muss. Der Weiterbetrieb dieses Tagebaus setzt die Ziele des europäischen Green Deals und die Umsetzung des gerade verabschiedeten EU-Klimagesetzes aufs Spiel. Wir müssen jetzt die grenzüberschreitende Kohleausstiegsregion angehen und aktiv den nachhaltigen Strukturwandel gestalten.“

Hintergrundinformationen

Die polnische Mitteilung über die Ausstellung der Lizenz bis 2044 durch den polnische Klima- und Umweltminister finden sie hier.

Anna Cavazzini hat heute zusammen mit 37 Mitgliedern des Europäischen Parlaments einen Brief an den Exekutiv-Vizepräsidenten Timmermans und Kommissar Sinkevičius geschickt, in dem sie die EU-Kommission auffordert, endlich zum Schutz der Bürger vor Ort zu handeln und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen einzuleiten. Den gesamten Brief finden sie hier.

Die Europäische Kommission hat eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben, in der sie bestätigt, dass das Verfahren zur Verlängerung der Lizenz für Turów gegen EU-Recht verstößt.

In der mit Gründen versehenen Stellungnahme der EU-Kommission wurden die beiden betroffenen Mitgliedstaaten darüber informiert, wie die Kommission zu der Frage steht, ob ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt. Dieses Dokument hat der Tschechischen Republik geholfen, die Stichhaltigkeit ihres Falles zu beurteilen und die Klage gegen Polen einzureichen. Es liefert dem Gerichtshof der Europäischen Union auch die Erklärung und Bewertung der Kommission in der Sache. Die Kommission kann beantragen, im anhängigen Verfahren zu intervenieren, um Stellungnahmen abzugeben.

Die Kommission hat die Teilregion Bogatynia (Polen) nicht für eine JTF-Förderung (Just Transition Fund) qualifiziert, da sich dieses Gebiet aufgrund der möglichen Verlängerung der Braunkohle-förderung über das Jahr 2030 hinaus und der Inbetriebnahme eines neuen Braunkohlekraftwerks im Kraftwerk Turów nicht auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft befindet.