Turów – Neue Studien zeigen katastrophale Auswirkungen des Braunkohletagebaus für Sachsen

Zwei neue Studien zu den Auswirkungen des Braunkohletagebaus Turów zum komplexen Thema Wasser sind am 18.06.2020 auf Deutsch veröffentlicht wurden.

Die erste Studie des polnischen Hydroexperte Dr. Sylwester Krasnicki wurde von der Umweltrechts NGO ClientEarth finanziert. Sie untersuchte die grenzüberschreitenden Folgen des Tagebaus für die Quantität und Qualität der Grundwässer im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Abbaus.

Die Studie belegt den klaren Zusammenhang zwischen der Absenkung des Grundwassers und der Bergbautätigkeit im Bergwerk Turów. Denn um die Kohle abbauen zu können, muss das Grundwasser abgepumpt werde. Es entsteht dadurch ein sogenannter Absenkungstrichter – ein vollkommen entwässertes Gebiet im Untergrund über Ländergrenzen hinweg. Das Grundwasser in der Grenzregion ist bereits über 40 Meter abgesunken. Tieferliegende Gesteinsschichten, die früher wasserführend waren, wurden in nur 30 Jahren völlig trocken gelegt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sowohl die Entwässerung des deutschen Teils des Zittauer Beckens voranschreitet, als auch eine dauerhafte Kontaminierung fließender Gewässer wie Neiße und Oder durch Schwermetalle droht.

Die zweite Studie hat Greenpeace Berlin zeitgleich veröffentlicht. Sie analysiert entsprechende Daten des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen und trägt den Titel „Auswirkungen des Braunkohletagebaus auf die Wasserkörper in der Region der Lausitzer Neiße – quantitative und qualitative Analyse“.

Ein neuen Aspekt sieht sie vor allem in den Zusammenspiel dreier Faktoren: dem Zittauer Trinkwasser, Wasserstände der Lausitzer Neiße und der Renaturierung des Braunkohletagebaus Turów. Das Trinkwasser von Zittau stammt aus dem Zittauer Gebirge. Dort übersteigt die Entnahme der Wassermenge rund um den Ort bereits heute die vorhandenen Ressourcen. Die Daten des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen markieren das Zittauer Gebirge als rot. Dies bedeutet, dass der mengenmäßige Zustand des Wassers als „schlecht“ eingestuft wird. Entwässert wird die Berglandschaft indirekt in die Lausitzer Neiße. Bei diesem Fluß werden gehäuft und länger niedrige Wasserständen, sogenannte Niedrigwasserereignisse gemessen. Im 16.-19. Jahrhundert kam es lediglich 1-3 mal im gesamten Jahrhundert dazu. Aktuell sind seit 2004 bereits vier Niedrigwasserereignisse bekannt. Das letzte gerade erst im Jahr 2018. Der Zusammenhang zum Braunkohletagebau Turów ist, dass das bereits jetzt sehr begrenzte Flusswasser der Neiße für eine mögliche Flutung des Tagebaus nach Beendigung des Abbaus genutzt werden würde. Aufgrund der Ausmaße des Tagebaulochs kann die Befüllung über 100 Jahre dauern. Da derzeit jedoch noch nicht einmal ein Plan des Investors und Unternehmens zur Renaturierung vorliegt, sind die kompletten Folgen für die sächsischen Gewässer nicht endgültig zu bewerten.

Neben der Wasserquantität, betrachtet diese Greenpeace-Studie auch sehr genau die Veränderung in der Qualität des Wassers. Die Studie legt dar, dass das Gebiet des Tagebaus anfällig für saure Grubenausflüsse in Form von Schwefelsäure ist. Die aggressive Flüssigkeit laugt Schwermetalle aus der oxidierenden Braunkohle aus, die dann als umweltschädliche Verbindung in das Grundwasser sickert. Letztlich fließt somit die toxische Verschmutzung aus Turów direkt in Oberflächengewässer wie der Lausitzer Neiße.

Die sächsische GRÜNEN-Europaabgeordnete Anna Cavazzini erklärt:
„Unsere schlimmsten Befürchtungen wurden sogar noch übertroffen. Durch die Ergebnisse der neuen Studien bekommen wir erstmalig einen umfassenden Einblick sowohl in die sächsische als auch internationale Dimension von Turów. Die Auswirkungen des Tagebaus machen nicht an der Grenze halt. Die drohende Kontaminierung fließt von Fluss zu Fluss über die Staatsgrenzen hinweg. Dieses Szenario bereitet mir große Sorgen.

Für mich ist der Fokus klar: grenzüberschreitende Kohleausstiegsregion jetzt! Gemeinsam kann das Dreiländereck eine Vorreiterrolle im Herzen Europas einnehmen und sollte dies auch. Je früher desto besser.“